Die heutige Gewalt

Man hört heute zwei widersprechende Redeweisen über die Gewalt: die eine besteht darauf, daß die Gewalt im Lauf der Jahrhunderte regelmäßig erscheint und verschwindet. Die andere beschreibt durch die Entwicklung einer neuen sozialen Gewalt eine vom allgemeinen Bürgerkrieg bedrohte Gesellschaft. Gewalt und Darstellung der Gewalt sind untrennbar; dank der hundertjährigen Abnahme der Gewalt können wir die rückständigen Gewalttätigkeiten nicht mehr dulden. Die Vorgänge der Zivilisation, die der westlichen Gesellschaft einen dauerhaften Frieden gebracht und immer zahlreichere Gruppen in diese Gesellschaft eingefügt haben, schaffen doch die Bedingungen einer Konkurrenz und deshalb den Willen jeder in einer unterschiedenen Umwelt bisher lebenden Gruppe, ihre eigene Identität zu beanspruchen. Es gibt immer weniger Arbeitsplätze, die Schule als Werkzeug der sozialen Beweglichkeit hat ihre Wirksamkeit verloren: die Gewalt, oder die Drohung der Gewalt, erscheint als das bessere Mittel, um diese Beanspruchungen zu befriedigen, das Unrecht auszudrücken, das man leiden will, und die wesentlichsten Elemente der sozialen Erfahrung zu dramatisieren.
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